Ich hatte mich Anfang Mai entschieden, meinen 1956er Olds zum Karosseriebauer zu geben, um den Lack, Unterboden und Rahmen untersuchen zu lassen.
Die Erfahrungen, die ich dort machte und machen werde, möchte ich gerne mit Euch teile.
Ergänzen möchte ich, dass ich kein echter Schrauber bin und es für mich keine Frage der Ehre ist das selber zu erledigen.
Ich bin auch schon mal im Winter, mit klammen Fingern mit dem Schraubenschlüssel abgerutscht und mein Handrücken wurde von einem scharfkantigen
Blech gebremst, so ist das nicht.
Rostfreies Kalifornien
Der Wagen kam 2012 aus Kalifornien, vermeintlich immer ein Zeichen für wenig Rost, da es dort trocken ist, kein Schnee und kein Salz. Das ist Falsch!
Was Albert Hammond singt : “It Never Rains In Southern California“ ist fast richtig.
In der Sierra Nevada, auf Deutsch übersetzt „verschneite Berge“, gibt es im Winter große Schneemengen und viel Regen, hingegen kein Regen, Schnee
in der Mojave-Wüste. Die Pazifikküste prahlt mit salzhaltiger Luft und der Nebel um die Golden Gate Bridge ist legendär. Kommt immer darauf an, wo das
Auto in Kalifornien gefahren wurde. Kalifornien nicht immer ein Gütezeichen für rostfreie Autos.
Der Kauf
Vor dem Kauf hatte ich den Wagen von einem Dekra-Mann prüfen lassen. Die wissen wo man mit dem Schraubenzieher hinstechen muss um böse Stellen
zu entdecken. Augenscheinlich gab es keine Mängel, wie Durchrostungen oder gar ganze Karosserieteile aus Fiberglas nachgebaut.
Der Wagen hatte keinen Unterbodenschutz und man konnte auf den nackten Flugrost blicken.
„Besser so als alles mit Irgendwas überschmiert, ist ein ehrliches Auto, kommt ja aus Kalifornien, da regnet es nie“, lautete das Urteil von dem Prüfer - und gekauft.
Mit dem Bild von dem Flugrost vor Augen, mied ich Regen wie der Teufel das Weihwasser und fuhr den Wagen nur bei trockenem Wetter, was dieses Jahr
selten genug vorkam.
Den Zustand von Blätterteig hatte ich immer im Sinn, welche das ungeschützte Metall sofort annimmt, wenn es mit Wasser in Verbindung gebracht würde - ich hatte Angst.
Was machen?
Die erste Frage die ich mir stellte, wo lasse ich den Lack, die Karosserie und Unterboden prüfen und was lässt man machen um die Blätterteigangst zu besiegen.
Die Gelben Seiten und das Internet sind voll mit Angeboten, die einschlägigen Foren quellen über von Tipps und Ratschlägen und münden häufig in einen Glaubenskrieg.
Meine Wahl fiel auf eine Karosseriebaufirma bei mir um die Ecke, welche sich in den Oldtimerkreisen, hier in Frankfurt, einen guten Namen gemacht hat.
Die Qual der Wahl
Bei dem Vorgespräch/ Beratung wurde mir schnell klar, das die Frage, was lässt man machen, nicht einfach zu beantworten ist.
Diese Fragestellungen hatte ich:
Option Spaß - Den Wagen nur ein paar Jahre fahren und wieder verkaufen?
Option Traum - Den Wagen so lange wie möglich fahren, "mein Schatz"?
Option Geld - Den Wagen als Wertanlage zu sehen?
Option Museum/Rührmichnichtan - Den Wagen bei Ausstellungen vorzuführen?
Die Spaßoption wäre am günstigsten gewesen, da man nichts macht, einfach fahren und wieder verkaufen.
Die Wertanlage scheidet aus, da man hier in einer anderen Liga spielen muss. Das ist die Liga von Porsche, Mercedes, Bugatti usw. das bin nicht ich.
Besser wie neu, die Museumsoption, geht auch nicht, habe nicht vor von Swissöl ein Gläschen Wachs für 800 EUR speziell für den Lacktyp anrühren zu lassen.
Somit ist „Concour d’Elegance“ auch raus.
Den Wagen habe ich gekauft, um mich an der Form, Motorgeräusch, dem Fahren und dem versprühten Geist zu erfreuen, also Traum.
Der Träumer fährt ein 1956 Oldsmobile – Der Kaufmann nicht
Was hat der Wagen gekostet, was wird investiert und wie hoch ist der Wertzuwachs? Diese Fragen stellt ein Kaufmann.
Der Träumer stellt sich diese Fragen nicht, ist jedoch so vernünftig den bereits bestehenden Wert zu erhalten um vorbeugend zukünftige Investitionen gering zu halten.
Jedem der in der Oldsmobilliga spielt ist klar, daß man an den Wagen nichts verdient, darum geht es auch nicht, wir sind Träume
- Hallo wach!!! - im übernächsten Absatz kommt die Nackenstarre.
Der erste Schritt
Nach dem Vorgespräch/Beratung wurde folgendes gemacht:
- An der kompletten Karosserie eine Bestandsaufnahme von Kratzern, Macken und beginnendem Rost
- An der kompletten Karosserie eine Lackschichtdickenmessung.
- Demontage der Kotflügel vorne.
- Stoßstangen ausgebaut.
- Endoskopie der Hohlräume.
- Vorreinigung mit Trockeneisstrahlen.
Die Nackenstarre
Nach diesen Arbeiten trafen wir uns unter dem Auto wieder und betrachteten die ersten Resultate. Dies hat etwa eine Stunde gedauert und mir wurde klar,
das wenn man Unterbodenschützer werden will, ist man bestens geeignet wenn man mit einem Halswinkel von 65 Grad auf die Welt kommt.
Das Betrachten geht nicht nur in das Genick sondern auch an den Geldbeutel.
Zitat: „Jedem der in der Oldsmobilliga spielt ist klar das man an den Wagen nichts verdient, darum geht es auch nicht, wir sind Träumer“.
Resümee nach dem ersten Schritt
- Werterhaltung und möglichst lange fahren, ich liebe das Auto!
- Der Lack ist original, keine Spachtelarbeiten, kein Unfall.
- Die Grundierung besteht aus Bleimenninge, daher keine exakte elektronische Schichtdickenmessung möglich, die Magnetkarte kam auch zum Einsatz.
- Die gesamte Unterbodensubstanz und Hohlräumen sind in Ordnung.
- Der Wagen wurde in einem sehr trockenen und staubigen Gebiet gefahren.
- Der feine Staub befindet sich in jedem Winkel.
- Tagsüber heiß und staubig, in der Nacht abgekühlt und durch Kondenswasser, Morgentau, wurde der Staub feucht. Dann wieder getrocknet und wieder eingestaubt.
Das Ganze über Jahrzehnte; Hurra wir haben eine ca. 3 mm starke Staubschicht, hart wie Beton. „Ach, der kommt aus Kalifornien, da regnet es nie“.
Sollte die Betonschicht mit Wasser in Berührung kommen, hält sich die Feuchtigkeit ewig. Schaue ich mir die Wetterbedingungen in diesem Frühjahr bei uns an,
gebe ich diesem Argument Recht.
Blätterteig mit schwammumklammerten Salzwasser im Winter, an einem Auto aus der der Mojave-Wüste, ich kann nicht mehr schlafen.
Der zweite Schritt (in Arbeit)
Die Angst vor Rost hat die gleiche Wirkung wie die Angst vor einem Hausbrand. Die Brandversicherung schließt man gesetzlich verordnet ab, die Versicherung vor Rost freiwillig.
Nach dem Vorgespräch/Beratung wird folgendes gemacht:
- Gründliche Endreinigung mit Trockeneisstrahlen.
- Aufbohren der verschlossenen Hohlräume und Endoskopie.
- Reinigen der Hohlräume und Versiegelung mit Fett.
- Ausspritzen der der Blechüberlappungen zwischen den Schweißpunkten mit Öl.
- Reparieren, lackieren der der flugangerosteten Übergangsbereiche vom Unterboden zum Lack.
- Unterbodenschutz mit Fett und Wachs.
- mindestens 10 Jahre Ruhe
Der dritte Schritt
Bin seit der Genickstarre dazu übergegangen meiner Frau die Preise nur noch ohne Mehrwertsteuer zu nennen, halte Euch auf dem Laufenden!